August 19, 2010

Aufmerksamkeit als höchste Vollendung



Carlos Castaneda: The Fire from Within
Das Feuer von innen

Ab S. 71 – Buch, ab S. 124 – scribd.com-pdf-file)
Nach großen Mühen, so sagte er, wären die Seher zu dem Schluss gelangt, dass das Bewusstsein erwachsener Menschen, durch das Wachstum gereift, nicht mehr als Bewusstsein bezeichnet werden könne, weil daraus etwas stärkeres und komplexeres entstanden sei, das die Seher als Aufmerksamkeit bezeichneten. [...]
Die Seher, die diese Steigerung beobachteten, hätten den Schluss gezogen, dass Bewusstheit der Rohstoff und Aufmerksamkeit das Endprodukt dieses Vorgangs sei.
"Und wie beschreiben die Seher Aufmerksamkeit?" "Aufmerksamkeit, sagen die Seher, ist die Nutzung und Mehrung des Bewusstseins durch den Vorgang des Lebendigseins," antwortete er.
Bei solchen Definitionen, meinte er, bestünde stets die Gefahr, die Dinge übermäßig zu vereinfachen, damit sie verständlich werden. Wollte man z.B. Aufmerksamkeit definieren, so liefe man Gefahr, ein magisches, wunderbares Geschehen als etwas Alltägliches darzustellen. Aufmerksamkeit sei aber die höchste Vollendung des Menschen. Sie entwickelt sich aus dem Rohstoff der kreatürlichen Bewusstheit, bis sie schließlich die ganze Skala menschlicher Alternativen enthält. Die Seher aber hätten sie noch weiter entwickelt, bis sie schließlich die ganze Skala der menschlichen Möglichkeiten umfasste.

Ich wollte wissen, ob die Seher diesen Alternativen und Möglichkeiten eine besondere Bedeutung beilegten.
Die menschlichen Alternativen, erwiderte Don Juan, seien all das, wofür wir als Menschen uns entscheiden könnten. Sie beträfen den Bereich des alltäglichen, des bekannten – dadurch bedingt seien sie sehr begrenzt an Zahl und Umfang. Die menschlichen Möglichkeiten hingegen beträfen das Unbekannte. Sie seien nichts, wofür wir uns entscheiden könnten, wohl aber etwas, das wir erreichen könnten. Ein Beispiel für menschliche Alternativen, sagte er, sei unsere Entscheidung, den menschlichen Körper als nur ein Objekt unter anderen aufzufassen. Ein Beispiel für die menschlichen Möglichkeiten sei die Errungenschaft der Seher, den Menschen als eiförmiges leuchtendes Wesen zu sehen. Mit dem Körper als einem Objekt bewege man sich im Reich des Bekannten.
Mit dem Körper als einem leuchtenden Ei bewege man sich im Reich des Unbekannten – die menschlichen Möglichkeiten hätten daher einen beinah unerschöpflichen Spielraum.

"Die Seher sagen, dass es drei Arten von Aufmerksamkeit gibt," fuhr Don Juan fort. "Und wenn sie dies sagen, so gilt es nur für den Menschen, nicht alle Lebewesen überhaupt. Diese drei Arten sind nicht einfach drei Formen von Aufmerksamkeit, sondern es sind drei Stufen der Vollendung. Es sind die erste, die zweite und dritte Aufmerksamkeit, und jede ist ein eigenes Reich, unabhängig und in sich abgeschlossen."
Die erste Aufmerksamkeit beim Menschen, so erklärte er, sei das kreatürliche Bewusstsein, und dieses entwickle sich – durch Erfahrung – zu einer komplizierten, sehr sensiblen Fähigkeit, sich mit der alltäglichen Welt in ihren unzähligen Aspekten zu befassen. Mit anderen Worten, alles, was man sich vorstellen könne, sei Bestandteil der ersten Aufmerksamkeit.
"Die erste Aufmerksamkeit ist all das, was wir als Durchschnittsmenschen sind," fuhr er fort. "Dank dieser absoluten Herrschaft über unser Leben ist die erste Aufmerksamkeit der wertvollste Aktivposten, den wir haben. Vielleicht ist sie sogar unser einziger Aktivposten.

Die neuen Seher kannten den wahren Wert der ersten Aufmerksamkeit und unterzogen sie – durch ihr Sehen – einer genauen Prüfung. Deren Ergebnisse prägten ihre ganze Auffassung und auch die Auffassung aller ihrer Nachfahren, obwohl diese meist gar nicht verstehen, was jene Seher wirklich sahen."
Er betonte, dass die Schlussfolgerungen, die die neuen Seher aus dieser genauen Prüfung zogen, sehr wenig mit Vernunft oder Rationalität zu tun hätten, denn um die erste Aufmerksamkeit prüfen und erklären zu können,
müsse man sie sehen. Und dies könnten eben nur die Seher. Wichtig sei aber, zu untersuchen, was die Seher in der ersten Aufmerksamkeit sähen. Denn dies biete der ersten Aufmerksamkeit die einzige Gelegenheit, ihr eigenes Wirken zu erkennen.
"Im Sinne dessen, was die Seher sehen, ist die erste Aufmerksamkeit die zu ultra-hellem Leuchten entwickelte Glut der Bewusstheit," fuhr er fort. "Aber es ist eine Glut, die sozusagen an der Oberfläche des Kokon fixiert ist. Es ist eine Glut, die das Bekannte umfasst.

Die zweite Aufmerksamkeit dagegen ist ein besonderer, komplizierterer Zustand der Glut der Bewusstheit. Sie betrifft das Unbekannte. Sie stellt sich ein, wenn die sonst ungenutzten Emanationen im Kokon des Menschen eingesetzt werden. Der Grund, weshalb ich die zweite Aufmerksamkeit als einen besonderen Zustand bezeichne, liegt darin, dass man, um diese ungenutzten Emanationen einzusetzen, auf ungewöhnliche und komplizierte Techniken angewiesen ist, die höchste Disziplin und Konzentration verlangen."
Schon früher einmal, als er mich die Kunst des Träumens lehrte, hatte er mir gesagt, dass die Konzentration, deren man bedarf, um sich bewusst zu werden, dass man einen Traum hat, eine Vorform der zweiten Aufmerksamkeit sei. Diese Konzentration, sagte er, sei eine Form von Bewusstheit, die nichts mit jener Art Bewusstheit zu tun habe, wie wir es im alltäglichen Leben anwenden.
Die zweite Aufmerksamkeit, so sagte er, bezeichne man auch als die Bewusstheit der linken Seite. Dies sei das weiteste Feld, das man sich nur denken könne – tatsächlich sei es schier grenzenlos.
"Nicht um alles in der Welt möchte ich mich dorthin verirren," fuhr er fort. "Es ist ein bodenloser Sumpf, so verworren und phantastisch, dass ernsthafte Seher sich nur unter genau festgelegten Bedingungen dort hineinwagen. Das größte Problem dabei ist, dass der Eintritt in die zweite Aufmerksamkeit ganz leicht, und ihre Verlockung beinah unwiderstehlich ist."

Die alten Seher, sagte er, hätten – als wahre Meister der Bewusstheit – ihr Wissen auf ihre eigene Glut der Bewusstheit angewandt und diese ins Unermessliche anwachsen lassen. Sie hätten das Ziel verfolgt, alle Emanationen ihres Kokon, ein Band um das andere, aufleuchten zu lassen. Dies sei ihnen auch gelungen, aber seltsamerweise habe ihr Erfolg, jeweils ein Band aufstrahlen zu lassen, sie im bodenlosen Sumpf der zweiten Aufmerksamkeit stecken bleiben lassen.
"Die neuen Seher korrigierten diesen Irrtum," fuhr er fort, "und sie trieben die Beherrschung des Bewusstseins bis ins Extrem und ließen die Glut der Bewusstheit auf einen Schlag über die Grenzen des leuchtenden Kokon hinausgreifen.
Die dritte Aufmerksamkeit ist erreicht, wenn sich die Glut der Bewusstheit in das Feuer von innen verwandelt – eine Glut, die nicht nur jeweils ein Band entzündet, sondern gleichzeitig alle Emanationen des Adlers im Innern des menschlichen Kokon."
Don Juan äußerte seinen Respekt vor dieser selbstbewussten Tat der neuen Seher – dem Eintritt in die dritte Aufmerksamkeit schon bei Lebzeiten und im Bewusstsein der eigenen Individualität.

Er fand es nicht der Mühe wert, über jene Fälle zu sprechen, da Menschen oder andere Lebewesen zufällig, und ohne sich dessen bewusst zu sein, in das Unbekannte und in das Unerkennbare eintreten. Er bezeichnete dies als die Gabe des Adlers. Auch für die Seher, so betonte er, sei es ein Geschenk, in die dritte Aufmerksamkeit einzutreten, doch für sie habe dies eine andere Bedeutung. Es sei eher so etwas wie eine Belohnung für eine vollbrachte Leistung.
Im Augenblick des Sterbens, fügte er hinzu, würden alle Menschen in das Unerkennbare eintreten, und manche von ihnen sogar die dritte Aufmerksamkeit erreichen – doch immer nur kurze Momente, und nur, um sich als Nahrung für den Adler zu reinigen.
"Es ist die höchste Vollendung des Menschen," sagte er, "diese Stufe der Aufmerksamkeit zu erreichen, während er noch die Kraft des Lebens hat, und ohne sich in ein körperloses Bewusstsein zu verwandeln, das wie ein Lichtflimmern zum Schnabel des Adlers aufschwebt, um verschlungen zu werden."

Während ich Don Juans Erklärung lauschte, hatte ich wieder alles um mich her aus dem Blick verloren. Genaro war anscheinend aufgestanden und fortgegangen, jedenfalls war er nirgends zu sehen. Seltsamerweise stellte ich fest, dass ich nun selbst auf der Steinplatte kauerte, während Don Juan, der neben mir hockte, mich mit leichtem Druck auf die Schulter niederhielt. Ich streckte mich auf dem Stein aus und schloss die Augen. Von Westen her wehte eine sanfte Brise.
"Schlaf nicht ein," sagte Don Juan. "Um keinen Preis darfst du auf diesem Felsen einschlafen." Ich richtete mich auf. Don Juan starrte mich an. "Entspanne dich einfach," sagte er. "Lass den inneren Dialog absterben."

Unter Aufbietung all meiner Konzentration versuchte ich zu befolgen, was er gesagt hatte, als mich plötzlich schlotternde Angst befiel. Anfangs wusste ich nicht, was es war. Ich glaubte, ich hätte schon wieder einen Anfall von Misstrauen. Dann aber wurde mir blitzartig klar, dass bereits später Nachmittag war. Was mir wie eine Stunde des Gesprächs erschienen war, hatte den ganzen Tag lang gedauert.
Gepackt von diesem Widersinn, sprang ich auf, auch wenn ich mir nicht vorstellen konnte, was mit mir passiert sei. Ich empfand ein sonderbares Gefühl, als hätte mein Körper das Bedürfnis, drauflos zu rennen. Don Juan sprang auf und hielt mich mit aller Macht zurück. Wir stürzten beide auf die weiche Erde hinunter, und dort hielt er mich mit eisernem Griff fest. Ich hatte nicht geahnt, dass Don Juan so kräftig sei.
Mein Körper zitterte heftig. Meine bebenden Arme schlugen in alle Richtungen aus. Ich hatte so etwas wie einen epileptischen Anfall. Und doch war etwas in mir so unbeteiligt, dass ich fasziniert beobachten konnte, wie mein Körper zitterte, sich verrenkte und verkrampfte.
Endlich ließen die Krämpfe nach. Don Juan gab mich frei. Er keuchte vor Anstrengung. Er schlug vor, wir sollten wieder auf den Felsen klettern und dort sitzen bleiben, bis ich wieder in Ordnung wäre.

Ich musste ihn natürlich wieder mit meiner üblichen Frage bestürmen: Was war mit mir geschehen? Er antwortete, ich sei, während er zu mir sprach, über eine gewisse Grenze hinausgeschossen und sehr tief in die linke Seite hineingelangt. Er selbst und Genaro seien mir dorthin gefolgt. Und dann sei ich hinausgeschossen, genau so wie ich hineingeschossen sei.
"Ich habe dich noch rechtzeitig aufgefangen," sagte er. "Sonst wärst du ganz herausgefallen, bis in dein normales Selbst." Ich war ganz verwirrt. Wir drei, so erklärte er mir, hätten mit der Bewusstheit gespielt. Und ich sei anscheinend erschrocken und vor ihnen davongelaufen.
"Genaro ist der Meister der Bewusstheit," fuhr Don Juan fort. "Silvio Manuel ist der Meister des Willens. Beide wurden sie erbarmungslos ins Unbekannte gestoßen. Mein Wohltäter verfuhr mit ihnen, wie sein Wohltäter mit ihm selbst verfahren war. Genaro und Silvio Manuel ähneln in mancher Hinsicht mehr den alten Sehern. Sie wissen, was sie tun können, aber ihnen liegt nichts daran, zu erfahren, wie sie es tun.
Heute nutzte Genaro die Gelegenheit, deiner Glut der Bewusstheit einen Stoß zu versetzen, und wir alle landeten im schicksalhaften Reich des Unbekannten."

Ich bat ihn zu sagen, was im Unbekannten geschehen sei. "Daran wirst du dich selbst erinnern müssen," sagte eine Stimme nah an meinem Ohr. Ich war so überzeugt davon, dass es die Stimme des Sehens war, dass es mich gar nicht erschreckte. Ich gehorchte nicht einmal dem Impuls, mich umzudrehen.
"Ich bin die Stimme des Sehens, und ich sage dir, dass du ein Schlappschwanz bist," sprach die Stimme wieder und kicherte. Ich drehte mich um. Hinter mir saß Genaro. Ich war so überrascht, dass ich noch hysterischer lachte als die beiden.
"Es wird dunkel," sagte Genaro zu mir. "Wie ich dir heute früh versprochen habe, werden wir hier eine Party feiern." Don Juan wandte ein, wir sollten Schluss machen für diesen Tag, denn ich sei ein Knallkopf von der Sorte, die manchmal vor Angst krepieren.
"Nein, er ist in Ordnung," sagte Genaro und klopfte mir die Schulter.
"Frag ihn doch," sagte Don Juan zu Genaro. "Er wird dir selbst sagen, dass er ein Knallkopf ist."
"Bist du wirklich so'n Knallkopf?" fragte Genaro mich stirnrunzelnd.
Ich antwortete nicht. Die beiden kugelten sich vor Lachen. Genaro rollte auf die Erde hinunter.
"Er sitzt gefangen," sagte Genaro zu Don Juan und deutete auf mich, nachdem Don Juan rasch hinuntergesprungen war, um ihm auf die Beine zu helfen. "Er wird niemals sagen, dass er ein Knallkopf ist. Dafür ist er zu eingebildet. Aber ihm schlottern die Hosen vor Angst, was passieren könnte, weil er nicht zugegeben hat, dass er ein Knallkopf ist."

Ich sah die beiden an und dachte bei mir, dass nur Indianer mit solcher Ausgelassenheit lachen können. Aber ich war auch überzeugt, dass ein gewaltiges Stück Bosheit in ihnen steckte. Sie trieben ihren Spaß mit mir, dem Nicht-Indianer. Don Juan erfasste sofort meine Empfindung. "Lass deinem Eigendünkel nicht die Zügel schießen," sagte er. "Du bist in keiner Hinsicht etwas Besonderes. Das ist niemand, weder Indianer noch Nicht-Indianer.
Der Nagual Julian und sein Wohltäter erreichten in Freuden ein hohes Alter, indem sie sich über uns totlachten."
Genaro kletterte gewandt auf die Felsplatte zurück und setzte sich neben mich. "Ich an deiner Stelle wäre so verlegen, dass ich weinen würde," sagte er. "Weine, wein doch. Flenn dich aus, dann wirst du dich besser fühlen." Zu meiner Verwunderung fing ich leise an zu weinen. Dann wurde ich plötzlich so zornig, dass ich vor Wut aufschrie. Erst danach fühlte ich mich besser.
Don Juan tätschelte mir sanft den Rücken. Solche Wut, sagte er, sei meistens sehr klärend – ähnlich wie Furcht oder Humor. Es sei eben mein heftiger Charakter, dass ich nur auf Wut reagiere.
Solch ein plötzlicher Umschwung in der Glut der Bewusstheit, fügte er hinzu, mache uns schwach. Die beiden hätten versucht, mich zu stärken, mich zu stützen. Genaro sei es offenbar gelungen, indem er mich wütend machte.

Inzwischen war die Dämmerung angebrochen. Genaro deutete plötzlich auf ein Flimmern in der Luft. Im Zwielicht sah es aus wie ein großer Falter, der um den Platz gaukelte, wo wir saßen. "Sei ganz behutsam, du, mit deinem exaltierten Wesen," sagte Don Juan zu mir. "Sei nicht so eifrig. Lass dich von Genaro führen. Wende nicht den Blick von dieser Stelle."
Der flimmernde Punkt war eindeutig ein Falter. Ich konnte ihn deutlich in allen Einzelheiten unterscheiden. Ich verfolgte seinen verschlungenen, matten Flug, bis ich jedes Staubkörnchen auf seinen Flügeln sehen konnte.
Irgend etwas riss mich aus meiner völligen Selbstvergessenheit. Ich spürte hinter mir das Flirren eines lautlosen Geräusches, falls so etwas möglich wäre. Ich drehte mich um und entdeckte eine ganze Schar von Leuten auf der jenseitigen Kante der Felsplatte – eine Kante, die etwas höher war als jene, auf der wir saßen. Ich nahm an, es mussten Leute aus der Gegend sein, die Argwohn gegen uns geschöpft hatten, weil wir uns den ganzen Tag dort herumgetrieben hatten, und nun auf den Felsen heraufkletterten, um sich auf uns zu stürzen. Ich erkannte ihre Absichten augenblicklich.
Don Juan und Genaro glitten von dem Felsen hinunter und befahlen mir, mich zu beeilen. Unverzüglich verließen wir den Ort und schauten auch nicht zurück, um uns zu vergewissern, ob die Männer uns folgten. Don Juan und Genaro weigerten sich zu sprechen, während wir zu Genaros Haus zurückehrten. Don Juan brachte mich sogar mit wütendem Knurren zum Schweigen und legte den Finger an die Lippen. Genaro kam nicht mit ins Haus, sondern ging weiter, während Don Juan mich hineinzerrte.

"Wer waren diese Leute, Don Juan," fragte ich ihn, nachdem wir beide im Hause in Sicherheit waren und er die Laterne angezündet hatte. "Es waren keine Leute," antwortete er.
"Ach komm, Don Juan, mach mir nichts vor," sagte ich. "Es waren Männer. Ich habe sie mit eigenen Augen gesehen." "Natürlich hast du sie mit deinen eigenen Augen gesehen," erwiderte er, "aber das besagt nichts. Deine Augen haben dich getäuscht. Das waren keine Leute, und sie sind dir gefolgt. Genaro musste sie von dir fortlocken."
"Was waren sie denn, wenn es keine Menschen waren?" "Oh, das ist ja das Geheimnis," sagte er. "Es ist ein Geheimnis der Bewusstheit, und wir können es nicht auf rationale Weise lüften, indem wir darüber reden. Das Geheimnis kann nur miterlebt werden."
"Dann lass es mich erleben," sagte ich.
"Aber das hast du doch, zweimal an diesem Tage," sagte er. "Du erinnerst dich nicht. Du wirst dich aber erinnern, wenn du erneut die Emanationen entzündest, die glühten, als du das Geheimnis der Bewusstheit miterlebtest, von dem ich spreche. Inzwischen lass uns zu unserer Erklärung der Bewusstheit zurückkehren."
Er fasste noch einmal zusammen, dass Bewusstheit mit einem anhaltenden Druck einsetze, den die Emanationen insgesamt auf die in dem Kokon eingeschlossenen ausübten. Dieser Druck bewirke den ersten Akt der Bewusstheit. Er bringe die Bewegung der eingeschlossenen Emanationen zum Stillstand, die darum kämpften, den Kokon aufzubrechen – die darum kämpften, zu sterben.
"Ein Seher weiß um die Wahrheit, dass alle Lebewesen darum kämpfen, zu sterben," fuhr er fort.
"Was den Tod aufhält, ist die Bewusstheit."


Die neuen Seher, so erzählte Don Juan, seien tief beunruhigt gewesen durch die Tatsache, dass die Bewusstheit den Tod verhindere und ihn dennoch herbeiführe, weil sie die Nahrung des Adlers sei. Und weil sie dies nicht erklären konnten – denn es sei unmöglich, unsere Existenz rational zu verstehen – hätten die Seher erkannt, dass ihr Wissen aus widersprüchlichen Lehrsätzen bestehe.
"Warum entwickelten sie solch ein System der Widersprüche," fragte ich.
"Sie entwickelten überhaupt nichts," sagte er. "Durch ihr Sehen fanden sie unbezweifelbare Wahrheiten.
Diese Wahrheiten wurden zu einem System scheinbarer Widersprüche geordnet – das ist alles.

Zum Beispiel müssen die Seher methodisch denkende, rationale Menschen sein, wahre Vorbilder der Nüchternheit, und gleichzeitig müssen sie sich all dieser Eigenschaften enthalten, um völlig frei und offen für die Wunder und Mysterien des Lebens zu sein."
Sein Beispiel verblüffte mich, aber nicht allzu sehr. Ich verstand, was er meinte.
Er selbst hatte meine Rationalität gefördert, nur um sie zu zerschmettern und ihre völlige Preisgabe von mir zu verlangen. Ich sagte ihm, wie gut ich ihn in diesem Punkt verstünde.

"Nur ein Gefühl äußerster Nüchternheit kann die Widersprüche überbrücken," sagte er. "Würdest du sagen, Don Juan, dass die Kunst solch eine Brücke sein kann?" "Nenne die Brücke zwischen den Widersprüchen wie immer du willst – Kunst, Zuneigung, Nüchternheit, Liebe oder sogar Freundlichkeit."
Don Juan setzte seine Erklärung fort und sagte, die neuen Seher hätten, als sie die erste Aufmerksamkeit überprüften, erkannt, dass alle organischen Lebewesen, außer dem Menschen, bestrebt seien, ihre entflammten, eingeschlossenen Emanationen zu beruhigen, damit diese Emanationen sich ihren Gegenstücken draußen angleichen könnten. Der Mensch mache dies nicht. Vielmehr erstelle seine erste Aufmerksamkeit ein Inventar der Emanationen des Adlers im Inneren seines Kokon.

"Was ist ein Inventar, Don Juan," fragte ich.
"Der Mensch weiß um die Emanationen, die er in seinem Kokon trägt," antwortete er. "Kein anderes Geschöpf tut dies. In dem Augenblick, da der Druck der allgemeinen Emanationen die Emanationen im Innern fixiert, beginnt die erste Aufmerksamkeit sich selbst zu beobachten. Sie bemerkt alles an sich, oder versucht es wenigstens, wie sehr sie auch irren mag. Diesen Vorgang bezeichnen die Seher als Aufstellung eines Inventars.
Ich will damit nicht behaupten, dass der Mensch sich bewusst dafür entscheidet, ein Inventar aufzustellen, oder dass er sich weigern könnte, dies zu tun.
Der Befehl des Adlers schreibt vor, das Inventar anzulegen. Was allerdings dem freien Willen unterliegt, ist die Art, wie dieser Befehl ausgeführt wird."


Es gefalle ihm nicht besonders, meinte er, die Emanationen als Befehle zu bezeichnen, aber das seien sie nun einmal – Befehle, denen sich niemand widersetzen könne. Selbst das Ausweichen vor dem Befehl sei noch ein Befolgen.
"Was das Inventar der ersten Aufmerksamkeit betrifft," fuhr er fort, "so stellen die Seher es auf, weil sie nicht ungehorsam sein können. Aber sobald sie es aufgestellt haben, werfen sie es von sich. Der Adler befiehlt uns nicht, unser Inventar anzubeten, er befiehlt lediglich, es aufzustellen, mehr nicht."

"Wie sehen die Seher, dass ein Mensch sein Inventar aufstellt," fragte ich.
"Die Emanationen im Innern des menschlichen Kokon werden nicht mit der Absicht beruhigt, sie mit den Emanationen außerhalb in Übereinstimmung zu bringen," erklärte er. "Dies weiß man, wenn man gesehen hat, was andere Geschöpfe tun. Nach der Beruhigung vereinigen sich manche sogar mit den allgemeinen Emanationen und folgen deren Bewegung. Die Seher können zum Beispiel sehen, wie sich das Licht der Emanationen eines Skarabäus zu großem Umfang ausdehnt. Die Menschen aber beruhigen ihre Emanationen und reflektieren dann über sie. Ihre Emanationen stellen sich auf sich selber ein."

Die Menschen, sagte er, führten den Befehl, ein Inventar anzulegen, bis zum logischen Extrem aus und missachteten alles andere. Sobald sie sich ganz in ihr Inventar vertieft hätten, könnten zwei Dinge geschehen. Sie könnten die Impulse der allgemeinen Emanationen ignorieren, oder sie könnten diese auf ganz besondere Weise nutzen.
Am Ende führe das Ignorieren dieser Impulse, nachdem das Inventar aufgestellt sei, zu einem einzigartigen Zustand, den wir als Vernunft bezeichnen. Werde jedoch jeder Impuls auf besondere Weise genutzt, so führe dies in einen Zustand, den wir als Selbstversunkenheit bezeichnen.

Die Vernunft des Menschen erscheine dem Seher als ungewöhnlich homogene, matte Glut, die selten, wenn überhaupt, auf den anhaltenden Druck der allgemeinen Emanationen reagiere.
Eine Glut, die die eiförmige Schale härter, aber auch brüchiger mache.

Don Juan merkte dazu an, dass die Vernunft bei der menschlichen Gattung großzügig sein sollte, was sie aber sehr selten sei. Die meisten Menschen neigten eher zur Versenkung in sich selbst.
Die Bewusstheit aller Lebewesen, versicherte er mir, sei mit einem gewissen Maß an Selbst-Reflexion verbunden, damit sie in Wechselbeziehungen treten könnten. Aber einzig die erste Aufmerksamkeit des Menschen weise ein solches Maß an Selbstversunkenheit auf. Im Gegensatz zu Vernunftmenschen, die die Impulse der allgemeinen Emanationen ignorierten, nutzten selbstversunkene Persönlichkeiten alle diese Impulse und verwandelten sie in eine Kraft, mit der sie die in ihrem Kokon eingeschlossenen Emanationen erregten.
Nachdem die Seher all dies beobachtet hätten, so sagte er, zogen sie daraus einen praktischen Schluss. Sie sahen, dass Vernunftmenschen meist ein längeres Leben beschieden sei, weil sie, indem sie die Impulse der Emanationen insgesamt ignorierten, die natürliche Erregung im Innern ihres Kokon beruhigten. Die selbstversunkenen Persönlichkeiten hingegen verkürzten ihr Leben, indem sie den Impuls der allgemeinen Emanationen nutzten, um die Erregung noch zu steigern.

"Was sehen die Seher, wenn sie selbstversunkene Menschen erblicken," fragte ich.
"Sie sehen sie als unregelmäßige Ausbrüche weißen Lichts, gefolgt von Pausen der Dunkelheit," sagte er.

Don Juan verstummte. Auch ich wusste keine Fragen mehr zu stellen, oder vielleicht war ich zu müde, um noch etwas zu fragen. Da ertönte ein lauter Knall, der mich hochschrecken ließ. Die Haustür flog auf, und Genaro stürzte atemlos herein. Er sank auf die Matte nieder. Er war tatsächlich schweißgebadet.
"Ich war gerade dabei, die erste Aufmerksamkeit zu erklären," sagte Don Juan zu ihm.
"Die erste Aufmerksamkeit funktioniert nur im Reich des Bekannten," sagte Genaro. "Im Unbekannten ist sie keine zwei rostige Peseten wert." "Das ist nicht ganz richtig," entgegnete Don Juan. "Die erste Aufmerksamkeit funktioniert sehr gut im Unbekannten. Sie blockiert es. Sie leugnet es so heftig, dass es schließlich kein Unbekanntes mehr für die erste Aufmerksamkeit gibt.
Das Aufstellen eines Inventars macht uns unverletzlich. Das ist der Grund, warum das Inventar überhaupt eingeführt wurde."

August 10, 2010

Feels like a conspiracy to trivialize life



07/11'10 Graham Hancock at the Prophets Conference in Vancouver: "2012 Tipping Point"

5 minutes from 1:12 to 1:17)
So, we have enigmatic ancient sites and religious ideas, widely distributed around the world, extraordinary similarities pointing back to a remote date, 12,000 years ago. We got ancient maps seem to document the meltdown of the last Ice Age. Are we looking at the traces of a forgotten episode in human history? I think so. I think, that's what's going on here.
Because we've forgotten it. Because we are a species with amnesia. Because we are so much a mystery to ourselves ("Fingerprints of the Gods", pt 4: The Mystery of Myths ... What if?) – perhaps is because of that that we are so lost and so troubled today. So haunted by the sense of something missing, something that we need to know about ourselves.
For the Ancient Egyptians the essential mystery of human existence – concerned our spiritual essence – that we are participating in this theater of experience that we call life and the world in an immense endeavour aimed to that perfection of the soul. That's what we're here to do. Virtually identical ideas were explored at Angkor.

Well, in the modern world – sad to say – few of such mysteries conserves. This is it ('Shake your booty, baby')!
You know, our culture today, we have a thing about consciousness, okay? Our culture it admires, it venerates, it almost worhips one single state of consciousness and that is the alert, problem-solving state of consciousness that's useful for science, and business, and commerce, and war, and such things. And then we allow ourselves some downtime with absolut drunkenness and stupidity and abandon – that's also accepted by our civilization. But any other kind of state of consciousness is absolutely no no, and not allowed, and not encouraged at all. It's as though the world is conspiring to trivialize life, to trivialize us, to bring everything down to the absolut lowest possible level of hedonism and consumption with nothing else at all being projected as worthwhile.

I have talked with shamans in the Amazone with whom I've any times drunk the mysterious brew Ayahuasca. And when I've asked them, what do you think is the problem with the world, what's the problem with the West, they say, it's very simple: you severed your connection with spirit. You've cut the link. And you have to restore that link if you're going to move forward from here. You can't move forward from the place you're in if you don't restore the connection to spirit. And that seems to me the most fundamental task that all of us now face. Not these exterior trappings of power that had brought such horror and misery to the world.

What's happening in the Amazone is ... I mean, it's just beyond belief ... it beggars belief. It almost makes you suspect that some kind of demonic force is at work in the world. That we would take literally the lungs of the planet and just hack them to pieces. That we cut down old-growth rainforest – the most extraordinary resource of biodiversity on the planet: a 155,000 different species of plants and trees – and replace that with soybean farms! You know, soybean farms which will only be functional for ten years because rainforest soils are not very fertile. They are made fertile by the constant fall of leaves. Soybean farms to feed cattle so we can eat Hamburgers – what a bad deal we're getting, you know, from this whole thing! It's very very crazy.

I did a back-of-the-envelope calculation: six months expenditure in Irak at its height would have solved the problem with the Amazone forever. But we can't make that choice, you know.
We can't say to the people of the Amazone 'We recognize that you have an incredibly precious and irreplacable resource. We would like to take away your economic problems – please just look after that resource for us.' We seem incapable of doing that. We can spend that kind of money on wars but we can't spend it on saving the most magestic natural resource on the planet.


>> central comment journal >>

"Because we are a species with amnesia. Because we are so much a mystery to ourselves perhaps is because of that that we are so lost and so troubled today. So haunted by the sense of something missing, something that we need to know about ourselves. [...]
It's as though the world is conspiring to trivialize life, to trivialize us, to bring everything down to the absolut lowest possible level of hedonism and consumption with nothing else at all being projected as worthwhile. [...]
You can't move forward from this place if you don't restore the connection to spirit and that seems to me the most fundamental task that all of us now face."

I've begun to transcribe the best bits of the lecture that he visibly underwent in a slight trance-like state of mind. You'll then find it in my "central comment agency" under the rubric "youtube lopo" ... and if someone is also going to do so please let me know – I'm highly interested in all passionate passages presented by this man.

The "episode in human history" was made forgotten on purpose. By book priests. By the scribes who usurped the legacy of the shamans with their holy "mushbook" ... Like Graham said on CMN with Regina:

"Religion has moved away from direct experience of the spirit realm and substituted a class of priests in between us and the spirit world. And those priests are generally motivated entirely by this world, and religion then becomes an instrument of material oppression and control and is co-opted by the political establishment."

Therefore I'm convinced that without focussing on the actual machination of the dominating priestly brotherhood we'll never be able to save the spiritual treasury of the Amazonian rainforest. We'll never be able to say such things to its peoples like suggested by Hancock.

The key for understanding the problem's nature, though, doesn't lie in thinking in terms of conspiracy: "A conspiracy so monstrous" – everyone knows the line, I assume – isn't, in fact, one and couldn't never be one, too! You do adress, let's say, the other side of the story but you're continuously thematizing only the one. It's meant as a hint, not as some sort of allegation or so because you, sir, really are, in my eyes, the man of the breakthrough: Nobody else short-circuits the absolut core connection between spiritual and temporal power of a false flag Jesus and "his society of Jesus" that we're living in with all its medieval "knightly" consequences "that bring such horror and misery to the world."
Not even Terence McKenna did, inspite of being a man of genius with an extremely deep understanding of how culture operates. So, I hope you can imagine what a big fan of yours I am and I want to thank you wholeheartedly especially for your outstanding sensibility and bravery. Well, you know, there is indeed "some kind of demonic force at work", but: those "demons" are our greatest (cultural) "heros" ...

You're totally right: "It's just beyond belief." Meaning: piety is the key (not conspiracy).

August 3, 2010

Bruce Lipton



Bruce Lipton on CMN

How Cells Tune Into Memory in the Matrix

The New Biology Where Mind And Matter Meet

Nature, Nurture and the Power of Love-Conscious Parenting

As Above So Below An Introduction to Fractal Evolution

The New Biology From Victim to Master of Your Health

The Biology of Belief

Genetics Do Not Cause Anything, You Do

Try It On Everything

Bruce Lipton and Rob Williams on Science for Life

Psychology of Change

August 2, 2010

Gnostic Media Podcast


Replay Guide
Jan Irvin

Acharya S) Debunking Zeitgeist debunkers
Marguerite Rigoglioso) Parthenogenesis and Fertility Cults


2010

MAPS Psychedelic Science in the 21st Century Conference (PS21CC)
07/27'10 MAPS-PS21CC) Psilocybin and Cancer Anxiety
07/20'10 MAPS-PS21CC) End of Life Psilocybin Research
07/11'10 MAPS-PS21CC) MDMA-assisted Psychotherapy for Treatment of PTSD
06/28'10 MAPS-PS21CC) Conference Introduction

07/21'10 gm-85 David Nichols) Psychedelic Psychopharmacology
07/16'10 gm-84 Alex and Allyson Grey) Soul Mates and Universal Consciousness
07/04'10 gm-83 James Fadiman) Psychedelic Guides
06/28'10 gm-82 David Flattery) Peganum Harmala and Ephedra
06/20'10 gm-81 Acharya SM pt 2) Debunk this!
05/31'10 gm-80 The Mormons: Joseph Smith's Psychedelic Voyage
05/23'10 gm-79 Richard Evans Schultes lectures on Hallucinogenic Plants
05/16'10 gm-78 Richard Grove co-hosting and Patrick Byrne) Hey Wall Street, sell this!
05/09'10 gm-77 Brett Veinotte) School Sucks
05/02'10 gm-76 Deborah Mash) Clean, Ibogaine Clean!
04/26'10 gm-75 Orwell's Warning – An Interview with Erik Blaire
04/22'10 gm-74 Farewell, Friend – A Tribute to Jack Herer
04/11'10 gm-73 Herman de Vries) The Nightshades
04/04'10 gm-72 Peter Duesberg) Inventing Aids
03/28'10 gm-71 Alan Shoemaker) The Fugitive
03/28'10 gm-70 Shlomo Sand) The Invention of the Jewish People



2009

10/19'09 gm-48 Steve Hager) High Times to Octopus Conspiracies
10/12'09 gm-47 Arik Roper) Not Just Art, Mushroom Art
10/04'09 gm-46 Eustice Mullins) A Bona Fide Conspiracy? pt2
09/27'09 gm-45 Eustice Mullins) A Bona Fide Conspiracy? pt1
09/20'09 gm-44 Judith Anne Brown) John Marco Allegro
09/07'09 gm-42 Ellen Brown) Web of Debt
08/30'09 gm-41 Stephen Zarlenga) Money's Dirty Little Secret (pt1)
08/25'09 gm-40 Chris Conrad) Hemp – Lifeline to the Future
08/17'09 gm-39 A lecture by John Marco Allegro about Jesus and Qumran
08/10'09 gm-38 Mitch Schultz) DMT – The Spirit Molecule
08/03'09 gm-37 Jan with Richard and Lisa on Healthcare, U.S. vs Peru
06/20'09 gm-36 Eddy Lepp) Medical Marijuana and the Feds
06/14'09 gm-35 Hal Lucius Nation) 5-MeO-DMT, Ritual and T.O.A.D.
06/08'09 gm-34 Benny Shanon) Antipodes of the Mind
05/31'09 gm-33 G. Edward Griffin) The Creature from Jekyll Island
05/24'09 gm-32 Neal Goldsmith) Psycho-Spiritual Evolution
05/18'09 gm-31 Alan Piper) Ancient European and Middle Eastern Drug Use pt2
05/11'09 gm-30 Alan Piper) Ancient European and Middle Eastern Drug Use pt1
05/03'09 gm-29 Wolfgang Bauer) Amanita muscaria, the fly mushroom
04/26'09 gm-28 Marguerite Rigoglioso) The Cult of Divine Birth
04/19'09 gm-27 Marlene Dobkin de Rios) Ayahuasca, Panacea or Epidemic?
04/12'09 gm-26 Dennis McKenna) Plant Intelligence
04/05'09 gm-25 Carl A.P. Ruck) The Hidden World
03/30'09 gm-24 Brian Akers) Sacred Mushrooms of Mexico
03/22'09 gm-23 David Hillman) The Chemical Muse
03/15'09 gm-22 Michael Winkelman) Religious Evolution
03/09'09 gm-21 Acharya SM pt 1) Christ in Egypt, the Horus-Jesus connection
03/01'09 gm-20 Thomas Roberts) Psychedelic Horizons
02/22'09 gm-19 Peter Webster) Eleusis, LSD and Psychedelic Evolution
02/16'09 gm-18 Ernest Werner) Did Jesus Ever Exist?
02/08'09 gm-17 Jack Herer, Rick Simpson) Cannabis – Run From the Cure!
02/01'09 gm-16 John Loftus, former top US Justice Dept Prosecutor under Carter and Reagan
01/27'09 gm-15 Chris Bennett) Cannabis and the Soma/Haoma Solutions
01/19'09 gm-14 Stephen Buhner) Sacred and Shamanic Beers
01/11'09 gm-13 Roland Griffiths) Mushrooms and Mystical Experience
01/04'09 gm-12 Stanislav Grof) LSD Psychotherapy



2008

12/29'08 gm-11 John Lamb Lash) On the Gnostics
12/22'08 gm-10 Rick Doblin) Multidisciplinary Association for Psychedelic Studies (MAPS)
12/14'08 gm-9 James DeMeo) Saharasia pt2
12/07'08 gm-8 John Major Jenkins) The 2012 Meme pt2
11/30'08 gm-7 James DeMeo) Saharasia pt1
11/23'08 gm-6 Neil Whitehead) Dark Shamans
11/17'08 gm-5 Charles Grob) Psychedelics, the Scientific Evidence
11/10'08 gm-4 John Hoopes) The 2012 Meme pt1
11/03'08 gm-3 Martin Ball) Religious and Spiritual Freedom
10/28'08 gm-2 John Rush) Was Jesus a Mushroom?
10/23'08 gm-1 Carl A.P. Ruck, Richard Andrew Grove) Sacred Mushroom

Entheogenic Evolution
Alembic

July 31, 2010

Jesus Christ, the royal agaric



David Schlesinger über Pilze, Jesus Christus und das wahre Christentum

Pastor Schlesinger von der "Kirche der heiligen Pilze der Schweiz" bei ultrafeel.tv ...

23.April'08 uf) Wann bist du das erste Mal mit bewusstseinserweiternden Substanzen wie Psychedelika bzw. "Entheogenen" (Substanzen die "zu Gott hinführen") in Kontakt gekommen?
ds) Das kommt drauf an, was man unter psychedelischen Substanzen versteht. Mit entheogenen Pilzen bin ich das erste Mal 1997 in Berührung gekommen.
uf) Wie war die erste Erfahrung damit? Hat diese erste psychedelische Erfahrung dein Leben maßgeblich verändert?
ds) Gegenfrage: Hat die Geburt dein Leben maßgeblich verändert?
uf) Deine erste psychedelische Erfahrung war also gleichsam eine Neugeburt für dich?
ds)
Ich kann mich an meine erste Geburt nicht erinnern, aber es muss die Entdeckung sein, dass es ziemlich vieles gibt, dass ich vorher nicht gekannt habe. Für das Leben maßgeblich ist im Prinzip jede Sekunde des vergangenen Lebens. Es ist schon eine besondere Erfahrung, aber es ist nicht die einzige, die ein Leben bestimmen kann. Subjektiv mag sie sehr wichtig erscheinen – aber hätte ich das Lenkrad im Auto bei der letzten Fahrt ein wenig mehr nach links gedreht, wäre es noch viel ausschlaggebender für mein Leben gewesen, da es den Tod bedeutet hätte – und bei Dir ist es genau so. Das Leben basiert doch auf sehr vielen tagtäglichen Entscheidungen, die vielleicht kaum wahrgenommen werden, nichtsdestotrotz über Leben und Tod entscheiden. Die Geburt ist sicher nötig für das Leben ...

uf) Wann hast du die "Kirche der heiligen Pilze der Schweiz" (Sacred Mushroom Church of Switzerland) gegründet und was hat dich dazu bewogen?
ds) Gegründet habe ich sie Anfang Januar '05, und bewogen hat mich dazu Bundespräsident Samuel Schmid in seiner Neujahrsrede.
uf) Was hat Samuel Schmid denn gesagt?
ds) Schmid sagte, dass die Schweiz allen Religionsgemeinschaften tolerant gegenüber stehen und dass das Menschenrecht der Religionsfreiheit in der Schweiz ernst genommen würde.



Pilzverzehr als religiöse Praxis

uf) Wie reagieren die Leute, wenn sie erstmalig von der Pilzkirche* hören?
ds) Üblicherweise fragen sie neugierig, worum es sich handelt. Die Schweizer sind offene und neugierige Menschen.
uf) Warum setzt du dich nicht einfach für die Legalisierung der psychedelischen Substanz Psilocybin und anderer pflanzlicher Halluzinogene ein? Warum die Verbindung mit Religion?
ds)
Psilocybin interessiert mich nicht. Mich interessieren die Heiligen Pilze, wie auch immer die Substanzen heißen mögen, die man daraus extrahieren kann. Extrakte ohnehin starker Organismen haben durch ihre extreme Konzentration immer eine problematische Handhabe. Das gilt für die Organismen selber aber nicht. Meiner Meinung nach ist das Essen der Heiligen Pilze immer eine religiöse Praxis – ob man sich dessen bewusst ist oder nicht, spielt keine Rolle. Heilige Pilze sind zudem legal und können in einem Rechtsstaat auch nicht illegal sein. Ich setzte mich also für den Rechtsstaat ein, nicht für die "Legalisierung" – die gleichzeitig eine Akzeptanz eines Unrechtsregimes voraussetzt …



Opfer von Sprache und anderen Symbolsystemen

uf) Deine Kirche verwendet christliche Symbolik und Begriffe. Willst du das Christentum ernsthaft mit der Einnahme von halluzinogenen Pilzen in Verbindung bringen?
ds) Erstmal zu der Symbolik:
Was kann ich dafür dass, die katholische Kirche unsere Begriffe und Symbolik gestohlen hat.
uf) Die katholische Kirche hat eure Symbole gestohlen?
ds)
Ja sicher, die "universelle" (= katholische) Kirche kam doch erst Jahrhunderte nach der urchristlichen Bewegung als staatliche Vernichtungsaktion ans Tageslicht. Die christlichen Begriffe, die durch die Evangelien geprägt sind, hat sich das römische Reich in Form der römisch-katholischen Kirche Jahrhunderte später angeeignet, ohne den Inhalt zu verstehen. Folglich ist die katholische Kirche eine gefährliche Brainwash-Sekte.



Abendbrot

uf) Was ist denn für dich das "wahre Christentum"?
ds) Das wahre Christentum ist die Gemeinschaft der Christen, welche sich dadurch definieren, dass sie die Eucharistie (Abendmahl) feiern, also Christi Fleisch essen und Blut trinken.
uf) Du meinst ernsthaft, dass der Kern des wahren Christentums das Essen von Christus' Fleisch und Blut darstellt?
ds)
Das meinen alle Christen, nur dass viele so fehlgeleitet sind, dass sie meinen, dass ein Stück Oblate (ein kleines Stückchen geschmackloses Brot) durch das Gemurmel eines Pfaffen zum Fleisch und das gefährliche Suchtmittel "Alkohol" auf gleichem Weg zum Blut Christi würde.
uf) Geht es im Kern des Christentums nicht darum, dass Jesus Christus angeblich Gottes Sohn ist, und dass diejenigen, die an ihn glauben, ins Paradies eintreten werden? Das Essen von Jesus' Leib und das Trinken seines Blutes sind doch nur symbolische Begriffe, die für die "einfacheren Menschen" unter uns bestimmt sind.



Gottes Sohn

ds) Aber der Fliegenpilz ist doch Gottes Sohn, und diejenigen, die an ihn glauben und ihn direkt oder nach seiner Wiederauferstehung essen, treten dadurch ins Paradies ein.
uf) Wie kommst du darauf, dass der Fliegenpilz "Gottes Sohn" ist?
ds)
Gott ist die Sonne – wie das auch in urchristlichen und urägyptischen Texten zu finden ist – da niemand von uns ohne die Sonne hier über die Erde wandeln würde. Ich nehme an, dass er – weil der rotleuchtende Fliegenpilz an die Abendsonne erinnert – als "kleine Sonne" zum Sohn Gottes erklärt wurde. Die Menschen in der Antike und die alchemistischen Pilzfreude haben den Zusammenhang Makrokosmos – Mikrokosmos gerne hergestellt. Dem Heiligen Pilz wurde so die Bedeutung der Sonne zugeteilt ...



psychedelic reunification

uf) Du hattest die religiösen Erlebnisse angesprochen, die mit der Einnahme des Fliegenpilzes hervorgerufen werden können. Wie sehen solche Erlebnisse aus? Halluzinogene Erlebnisse sind doch häufig auch nicht religiös gefärbt.
ds)
Halluzinogene Erlebnisse sind Krankheitssymptome von sehr schwerwiegenden Krankheiten, und ich finde es eine unsägliche Tragödie, dass die heiligen Pilze als Halluzinogene bezeichnet werden. Es gibt keine halluzinogenen Pilze. Es gibt aber Alkoholismus im Endstation, Schizophrenie, gelbes Fieber usw., bei denen Halluzinationen als Symptome erlebt werden. Es mag Menschen geben, die psychedelische Erfahrungen mit Halluzinationen verwechseln, und es mag Menschen geben, die psychedelische Erfahrungen als etwas nicht religiöses verstehen. Aber da Religion die Wiederverbindung mit etwas ist, und jede psychedelische Erfahrung die Wiederverbindung zumindest mit der eigenen Psyche und den eigenen Erinnerungen darstellt, ist jede psychedelische Erfahrung eine religiöse Erfahrung.
Religion ist nicht ein Set von Ritualen und Dogmen, wie sie im allgemeinen Verständnis vorliegt, wie auch das Wort "Droge" nicht gleichbedeutend ist mit einem gefährlichen Suchtmittel, sondern es bedeutet ganz einfach "getrocknete Pflanze". Jesus hat gesagt, "keiner kommt zum Vater denn durch den Sohn." Somit kann man schwerlich beschreiben, wie es "beim Vater" aussieht. Aber jedem Menschen steht der Weg offen, sich selber zu überzeugen, auch wenn die meisten das vielleicht gar nicht wissen wollen, damit sie lieber an allgemeine Lügen glauben können.


holy mushrooms everywhere

uf) Du glaubst also, dass die Urchristen bereits entheogene Pilze in einem religiösen Kontext konsumiert haben?
ds)
Nicht nur die Urchristen, sondern auch die Urägypter, Urjuden, Ursumerer usw., vielleicht sogar die Urmoslems. Die offizielle Übersetzung des Korans besagt, dass den Märtyrer im Paradies 72 mandeläugige Mädchen erwarten, andere glauben dass das Wort "Houri" in Verbindung mit dem Paradies der Moslems darauf hinweist, dass es nach Einnahme von 72 Pilzköpfen mittlere Größe (= houri) zu erreichen ist. Genauso wie die Symbolik des Manna und vieler anderen "Speisen" aus dem Alten Testament auf Pilze zurückzuführen ist.
uf) Hast du Beweise dafür, dass frühere Kulturen Pilze im religiösen Zusammenhang konsumiert haben?
ds)
Wie du an den "Kreationisten" siehst, gibt es keine "historischen Beweise", weil alles angezweifelt werden kann. Und zudem wurden alle allzu klaren Darstellungen und Beschreibungen über die Jahrhunderte von wahnsinnig gewordenen Staatsreligionen flächendeckend vernichtet. Aber es gibt z.B. folgende beiden Bilder: eines ist ein Bronzerelief von einer Kapelle, das andere zeigt Illustrationen aus einem 1000 Jahre alten Gebetsbuch.



Der Begriff Religion

uf) Für dich ist Religion also nicht Gift?
ds)
Wenn du dich mit dem körperlichen Tod verbinden möchtest, tust du das am besten mit der Religion durch ein tödliches Gift. Im Ernst: Der Begriff "Religion" ist durch dogmatische Menschenverächter und organisierte Mörderbanden vergiftet worden. Religion ist etwas sehr persönliches, sie ist keine "Organisation" ...
uf) Am 8. Juni 2006 bist du verhaftet und in Untersuchungshaft gesetzt worden. Warum ist das geschehen, und wie hast du die Zeit im Gefängnis erlebt? Wie hat das Ganze die Aktivitäten deiner Pilzkirche beeinflusst?
ds)
Möchtest du vielleicht die Frau Untersuchungsrichterin befragen? Ich halte das für eine Kettenreaktion der Hysterie.
Was der Auslöser für diese Kettenreaktion gewesen ist, kann ich im Moment schwer beantworten. Frag mich in fünf bis zehn Jahren, wenn die Beamten ihre Arbeit erledigt haben, noch einmal. Die Bedingungen der Schweizer Untersuchungshaft waren für mich als Pastor der Pilzkirche eher privilegiert. Die Direktorin brachte mir manchmal persönlich Essen nach oben. Ich durfte mit den Wärtern und Mitgefangenen länger reden als üblich usw., aber U-Haft ist sicher sehr sehr hart in der Schweiz, weit weg von humanistischen Mindeststandards. Das ist ein Thema für eine andere Diskussion, die sicherlich auch überfällig ist ...
Das Vermögen der Pilzkirche ist blockiert und meine Handlungsfreiheit extrem eingeschränkt. Bis dahin wurde die Pilzkirche nur von mir alleine geleitet, somit ist die Aktivität während der Untersuchungshaft natürlich weitestgehend erloschen. Trotzdem haben sich die Pilzfreunde der Welt natürlich weiter organisiert und den Austausch in Internetforen weiterhin gepflegt.



Amanita muscaria

uf) Heute konzentrierst du dich hauptsächlich auf den Fliegenpilz. Warum?
ds)
Zwar bin ich im Moment weder verurteilt noch angeklagt, stehe aber trotzdem unter der Bedrohung der sofortigen Inhaftierung und Zurückversetzung in die Isolations-Beuge-Zelle, falls ich jemandem heilige Psilo-Pilze geben sollte. Da ich meiner Familie nicht noch mehr Schwierigkeiten durch die hysterischen Beamten zumuten kann, ist es nötig, dass ich mich auf die Heiligen Fliegenpilze konzentriere, die ja einen sehr schlechten Ruf genießen, was das aktive Bewusstein angeht ("gefährlicher Giftpilz") und einen sehr guten, was das passive Traditionsbewusstsein angeht ("Glückspilz"). Dieser Pilz hat eine fantastische Heilwirkung – die Verbindung mit der Balance bzw. Gesundheit wird ermöglicht. Er ist sehr leicht für jeden zu finden, zu züchten und anzuwenden – ein Feld par excellence für Missionare der Aufklärung.
uf) Stimmt es, dass du deiner Tochter den Namen "Amanita" gegeben hast, und dein Sohn heißt Kyanes (abgeleitet von einem psilocybin-haltigen Pilz namens "Psilocybe Cyanescens")
ds) Ja. das stimmt. Beide Kinder haben aber auch noch weitere, "normale" Namen. Amanita heißt auch noch Laila Apolonia Josefina und Kyanes Taras Jan Aurel.



Staat, Mafia und Pilze

uf) Was hältst du von staatlich zugelassenen Substanzen wie Koffein, Alkohol und Nikotin? Was von den von Ärzten massenhaft verschriebenen Antidepressiva, Tranquilizern und die sehr stark suchterzeugenden Schlafmittel wie Benzodiazepine?
ds)
Wenn etwas zugelassen ist, dann ist automatisch auch etwas anderes ausgeschlossen. Vieles von dem was zugelassen ist, wäre aufgrund der schädlichen Wirkung längst ausgeschlossen, wenn das wenige, was aufgrund der maßlosen Geldgeilheit von Staat und Mafia ausgeschlossen ist, zugelassen wäre.
uf) Wie sieht deine Vision aus, deine Träume für die Zukunft? Wo steht die Kirche der heiligen Pilze im Jahre 2012?
ds)
Ich würde jetzt gern wieder anfangen, die heiligen Pilze persönlich anderen näher zu bringen. Da ich natürlich als Sozialfall wenig Möglichkeit habe, suche ich Unterstützer, die mir wieder ermöglichen, meine Mission für Menschenrechte und Abschaffung der Leibeigenschaft weiterzuführen ... Vielleicht findet sich ja unter deinen Lesern der/die ein oder andere, der/die meine wichtige Missionsarbeit unterstützen will. Dann könnte die Vision einer friedlicheren Gesellschaft, in der die persönliche Religionsfreiheit geachtet und tradierte organisierte Schädigung von Menschen und Kindern aufhören wird, tatsächlich Realität werden. Vermutlich sind bis 2012 die Schweizer Gerichte mit mir und der SMCS noch nicht fertig – schwer zu sagen, wo wir da stehen werden ...



Schlesinger's website: my-holy-grail.org

picture credits
pic one) Bronzene Bernwardstür im Westportal des Hildesheimer Doms
(Bild aus Jochen Gartz' "Narrenschwämme. Psychoaktive Pilze rund um die Welt")

pic two) Scenes from Genesis, Paris-"Eadwine" Psalter (Gebetstuch)
Metahistory.org: "Beyond the tyranny of beliefs" (John Lash – "he also teaches the critique of belief-systems")

Central Comment Journal
Warum glaubst du, es sei eine gute Idee, eine "Religion" gegen eine andere – na sagen wir mal – in Stellung zu bringen? Steckt denn der heilsame magische Mush-Room nicht tief drin in der römischen Christianisierungsbehörde mit ihrer globalen Society-of-Jesus-Bewegung? Und verleiht "der mykologische Prinz" ihr nicht trotz dieser ganzen mafiös-monarchistischen, extrem kafkaesken Schriftpriester-Bürokratie seine unbesiegbare, frömmigkeitsstiftende Macht?
Ich würde die Tatsache, dass sich der "hl. Markus" genötigt fühlte, hier argumentativ einzuschreiten, an deiner Stelle als vollen Erfolg verbuchen ... Wozu ich dir hiermit auch herzlich gratulieren möchte.

Why do you think it would be a good idea to – well, let's call it – emplace one "religion" against another? Isn't the salutary magic mush room deeply concealed within the Roman Christianization agency with its world wide SJ ("Dominus-Iesus") movement? And doesn't "the mycological prince" provide its unconquerable piety endowing power to them in spite of their mafia-like monarchist, extremely Kafkaesque bureaucracy of scriptural priests?
In your position, I'd take the fact that "St. Markus" felt compelled to intervene here argumentatively as complete success ... wherefore I'd hereby also like to cordially congratulate you.

* kath.net 07/17'06, jesus.ch 07/20'06)
Der Wirt eines Hotels in Rüschegg-Heubach BE ist nach einer Hausdurchsuchung verhaftet worden. Er soll als Pastor einer von ihm gegründeten Kirche (der Heiligen Pilzkirche der Schweiz) halluzinogene Pilze als "Sakrament" vertrieben haben.
Bei der Hausdurchsuchung Anfang Juni fand die Polizei eine größere Menge psilocybinhaltige Pilze in unterschiedlichen Verarbeitungsstadien. In einem Labor fanden sich zum Teil gefährliche Stoffe und Chemikalien, wie das zuständige Untersuchungsrichteramt und die Kantonspolizei Bern am Freitag mitteilten. Die Pilze bewirken berauschende Sinnestäuschungen. Sie sind im Verzeichnis der Betäubungsmittelverordnung als verbotene Stoffe aufgeführt.
Der Wirt, ein 36jähriger Deutscher, stand der so genannten Sacred Mushroom Church** of Switzerland vor. Er befindet sich in Untersuchungshaft. Laut der kircheneigenen Homepage versteht sich die Gemeinschaft als "Freundinnen und Freunde der heiligen Pilze in der spirituellen Tradition der europäischen Druiden, Hexen und der südamerikanischen Inka."

** 08/10'05 Mushroom Magazine, Claus Baldauf)
Seit vielen Jahren engagiert sich David Jan Schlesinger gegen Restriktionen bei Magic Mushrooms. Nun hat er die Sacred Mushroom Church of Switzerland gegründet. Sie will alternative Lebensgemeinschaften aufbauen, in ihnen alte Heilkunst wiederfinden und fördern, ökologisch vertretbar erzeugte Nahrung produzieren, für eine ganzheitliche Ausbildung der Kinder der Mitglieder sorgen und auch nach außen Überzeugungsarbeit leisten.
Nicht zuletzt gilt für die Church: "Die Verfolgung von Pilzfreunden ist religiöse Verfolgung." Und dagegen will Reverend David Schutz bieten können. Denn der Zauberpilz ist aus der Perspektive der jungen Glaubensgemeinschaft ein heiliger und heilender Pilz.

cb) Erzähl doch mal, was dir vorschwebt!
ds)
Ich bin schon seit 2002 dabei, die Voraussetzungen zu schaffen, aber jetzt erst zeigt sich der reale Weg im Sonnenlicht vor mir … Den Statuten kannst du entnehmen, wie die Organisation und die Ziele aussehen: "sacred-mushroom-church.ch".
cb) Warum eine Church?
ds)
Tja, die Frage würde sich nicht stellen, wenn wir Jesu Beschreibung einer "Kirche" zu Grunde legen würden: Gebäude und Institutionen werden eigentlich nicht als "Kirche" bezeichnet. Wo auch immer sich zwei bis drei Zauberpilzfreunde versammeln, dort ist ihre Kirche.
Ohne aber die Sachen auch richtig und "systemmäßig" zu benennen, haben sie in dieser Gesellschaft keinen Wert. "Verein zur Verehrung Gottes in Form seines Sohnes" = Kirche. Die Kirche hat aber die Gebiete auch in ihrem Tätigkeitsbereich, die bei der Amtskirche schon rausgefallen sind: Heilung, Realitätsforschung usw..

cb) Inwiefern ist der Pilz heilig?
ds)
Man kann ja nicht "nur in einer Richtung" etwas als "heilig" bezeichnen.
"Heilig" kommt von heilend (Heiland!), und die "Jesus-Geschichten" sind zum größten Teil Heilungsgeschichten. Die Inka nannten den Pilz "Fleisch Gottes" – und genau das ist ja auch Jesus im "Abendmahl": "Dies ist mein Leib."
Inwiefern ist etwas anderes als dieser Pilz heilig?!

Alle heutigen Religionen sind Sekten und Missverständnisse der Lehren des Heiligen Pilzes, den noch der texanische Zauberpilz-Heimzuchtforscher und Arzt Pollock 1976 ganz klar Heiligen Pilz nannte und auch seinen religiösen Gebrauch darstellte.
Es ist unsere heute alles profanisierende (und damit zerstörende) Gesellschaft, die die Frechheit hat, die Worte tiefgläubiger Menschen, die über die Wundertaten des Zauberpilzes berichten, für "Ausreden" zu halten und die hohlen Phrasen von Pfaffen, die Oblaten "segnen", als "religiöse Überzeugung" darzustellen!

cb) Und warum gründest du die Church in der Schweiz – nicht in der EU?
ds)
Weil ich in der Schweiz wohne und lebe. Wo in der EU? Deutschland ist purer Faschismus, der sich als "moderne Demokratie" tarnt. Österreich ist nur wenig besser. Alle andere Staaten haben Sprachen, die ich nicht als Muttersprache spreche und da es Reibungen mit "der Gesellschaft" geben wird, möchte ich uns in meiner Muttersprache verteidigen können, dann weiß ich, was ich sage. Die Schweiz zudem war Ausgangspunkt der mitteralterlichen Hexenverfolgung. Es ist der richtige Staat, um diese Hexenverfolgung nach Hunderten von Jahren zum Ende zu bringen. Weiterhin sind hier vergleichsweise wenige Menschen, und Nationalratspräsident Schmid sagte zu Neujahr, die Schweizer würden andere Religionen tolerieren – also gute Voraussetzungen ...
cb) Was kannst du auf diesem Weg erreichen?
ds)
Das, was ich schon seit vielen Jahre vorbereite und aufbaue: siehe Statuten. Im Wesentlichen ein Ende der Diskriminierung von Zauberpilzfreunden weltweit und dadurch viel mehr Frieden auf Erden, mehr Vorbereitung auf die Zeiten, die kommen werden …
cb) Hast du schon Mitstreiter?
ds)
Ich habe seit vielen, vielen Jahren Mitstreiter, die meisten eher auf wenig Öffentlichkeit bedacht. Die SMCS ist frisch gegründet, aber bis Ende Januar werden wir sicher schon um die zehn Mitglieder haben und bis Ende Februar hoffe ich auf vielleicht 100. Wenn es danach weiter exponentiell bleibt, haben wir die Katholiken bald überrundet … Im Ernst: Wenn nur jeder 1000ste Zauberpilzfreund weltweit Mitglied werden würde, würde keiner mehr auch nur ein Wort gegen uns wagen zu erheben, ohne mit massiver Gegenwehr rechnen zu müssen, die die "Angreifer" in den Medien als Faschisten bloßstellen würde.

June 9, 2010

LSD und sein Entdecker pt 2


Albert Hofmann – LSD und sein Entdecker
Ein Film von Basil Gelpke und Valentin Faesch pt 1

1960 an der renommierten Harvard University in Cambridge, USA. Ein Psychologieprofessor initiiert ein großes LSD-Forschungsprogramm. Hunderte von Studenten nehmen daran teil, und LSD wird zum Thema Nr. 1 unter ihnen. Der junge Professor ist Timothy Leary. Bei Sandoz bezieht er legal Delysid. 1963 bestellt er bei Albert Hofmann eine immense Menge Psilocybin (25 kg) und LSD (100 g) – genug für mehrere Millionen Behandlungen. Hofmann wird stutzig und verhindert die Lieferung. Kurz darauf wird Leary fristlos entlassen. Frei von den Zwängen der akademischen Forschung propagiert er den Massenkonsum von LSD. Sein Ziel: eine spirituelle Revolution in Amerika (flyer: "Psychedelic Celebration – Reincarnation of Jesus Christ"). Leary:

"Die Amerikaner sind völlig fixiert auf materiellen Besitz, auf Macht und Krieg. Es ist eine kranke Gesellschaft. Unser Ziel ist es, das geistige Bewusstsein der Amerikaner anzuheben. Wir werden versuchen, eine religiöse Renaissance zu initiieren."

LSD gerät über Nacht in die Schlagzeilen, weckt die Neugier der Öffentlichkeit. Da die Substanz für Fachleute relativ leicht herzustellen ist, wird sie plötzlich überall angeboten. Meist in Form einer auf Zucker oder Löschpapier applizierten Lösung. Mitte der 60er Jahre haben schon mehrere Millionen Amerikaner mindestens einmal die unkontrollierte hergestellte Schwarzmarktware eingenommen. Doch so einfach die Herstellung, so schwierig die richtige Dosierung. Für jeden Trip gilt es ein Zehntausendstel-Gramm abzumessen. Jeder offiziellen Kontrolle entzogen, sind Unfälle vorprogrammiert. LSD wird zum Genussmittel, schließlich zur Straßendroge. Hofmann:

"Gerade nach meinen ersten Erfahrungen hätte ich mir nie vorstellen können, dass LSD jemals auf die Straße gelangen würde. Es ist ja wirklich kein Genussmittel. Es ist eine Art Konfrontation mit seinem Unterbewusstsein: Unbewusste Inhalte dringen ins Bewusstsein. Es ist wie eine Art Tagtraum, und es können auch sehr unangenehme Inhalte sein, schreckliche, destruktive Inhalte – deshalb Himmel und Hölle, wie Huxley das bezeichnet hat. Man hat nach einem LSD-Erlebnis das Gefühl, man müsse es verarbeiten, man kann da nicht einfach drüber hinweggehen. Es ist etwas sehr ernsthaftes – kein Genussmittel. Für mich war es kein Genussmittel, sondern wie gesagt etwas, mit dem man sehr sehr vorsichtig umgehen muss. Und ich war dann sehr sehr erstaunt, als es zum Massenkonsumgut wurde – in den Vereinigten Staaten hat das ja alles angefangen.

San Francisco 1967. Die kalifornische Stadt ist die Hochburg der Hippies, der rebellischen Jugend. Eine neue Musik und die Drogen LSD und Marihuana sind ihre wichtigsten Attribute. Die Hippies verweigern sich dem American Way of Life, und das geben sie auch äußerlich zu erkennen. Ihre vom Krieg und der prosperierenden Nachkriegszeit geprägten Erzeuger sind zutiefst verunsichert. Konsum und Karriere, traditionelle Familienwerte und Patriotismus gelten den eigenen Kindern plötzlich nichts mehr. Sie verweigern nicht nur den Kriegsdienst in Vietnam, sondern praktizieren in Kommunen auch neue Formen des Zusammenlebens, wo sie dann womöglich dem Drogenkonsum und der freien Sexualität frönen. Eine Kulturrevolution nimmt ihren Anfang. Zumindest was die junge Generation betrifft, scheint sich Learys Vision einer spirituellen Revolution in Amerika langsam zu verwirklichen. Alfred Hofmanns unbeabsichtigte Entdeckung aus dem Jahre 1943 – schon ein Vierteljahrhundert alt – bestimmt das Lebensgefühl einer ganzen Generation. Die Erfahrung anderer, ebenso realer Wirklichkeiten, die das LSD vermittelt, relativiert die traditionellen Werte. "Breaking through" – brecht aus, singen die Doors.

Eine psychedelische Kunst, psychedelische Grafik, ein psychedelisches Layout und Design entstehen – Versuche, das LSD-Erleben visuell umzusetzen. Einflüsse, die bis heute nachwirken. Die 68er Revolte zeichnet sich ab. Der Kapitalismus wird zum erklärten Gegner. Dem Krieg in Vietnam wird jede moralische Legitimation abgesprochen. Und der selbsternannte LSD-Prophet Timothy Leary fordert zum radikalen Bruch mit der Gesellschaft auf: "Alle kommen zu mir. Nicht weil ich so klug bin, sondern weil ich sage, turnt euch an, hört hinein und steigt aus."
Doch das aufgeschreckte Establishment, das seine Interessen massiv bedroht sieht, schlägt zurück. Die Politiker erkennen die subversive Rolle von Marihuana und LSD. Leary wird wegen des Besitzes einer kleinen Menge Marihuana zu 30 Jahren Gefängnis verurteilt. Der US-Senat lädt Leary zur Anhörung vor, doch der kann das totale Verbot von LSD nicht verhindern. Das ist der Beginn der repressiven Drogenpolitik, die bis heute anhält. Hofmann:

"Ursprünglich war LSD nicht verboten. Es passte nicht in den Paragraph der Opiate, es passte nicht in den Paragraph der Stimulanzien, es war etwas neuartiges. Aber als dann eben einerseits diese politischen, sozialen Auswirkungen sich dermaßen breit machten und eben dann auch Unglücksfälle und Verbrechen im Zusammenhang mit LSD, Missbrauch von LSD zutage traten, war das dann ein Vorwand von der Gesundheitsbehörde und des Establishments, eben dieses drakonische Verbot auszusprechen. Das hat dann auch dazu geführt, dass die wissenschaftliche Untersuchung, d.h. auch die Anwendung von LSD in der Psychatrie, in der Medizin, auch in der Biologie alle abgebrochen wurden. Und dieser Zustand hält bis heute an."

Tatsächlich hat der Missbrauch von LSD auch dazu geführt, dass selbst Wissenschaftler, die sich seiner Erforschung verschrieben, in ein schiefes Licht gerieten, und auch für Sandoz ist LSD heute kein Thema mehr.
Herrling:

"Die eigentliche Erforschung des LSD-Moleküls selber und seine Wirkung auf das Nervengewebe, auf das Gehirn hat heutzutage eine Flaute erreicht. Man hat während vieler Jahre versucht, das Molekül auseinander zu nehmen, zu verstehen, wie es funktioniert, aber diese Flaute hat verschiedene Gründe. Wir wissen nämlich nicht, was man jetzt noch weiter damit machen könnte. Und weil dieses Molekül eben mit sehr vielen Systemen gleichzeitig interagiert, ist es das, was die Pharmakologen ein "dreckiges Werkzeug" nennen, und wir arbeiten lieber mit reinen, die nur mit einem System interagieren. Und natürlich hat diese Art von Forschung nach dem LSD auch sehr stark Auftrieb gewonnen und hat tatsächlich eine ganze Reihe von Substanzen hervorgebracht, die in der Depression eingesetzt werden, sogar in neurologischen Indikationen wie die Parkinsonsche Krankheit, bei Hormonveränderungen. Überall dort sind solche chemischen Systeme beteiligt und können auch günstig beeinflusst werden. Also kann man sagen, dass die Wirkung der Entdeckung des LSD für unsere neuropharmakologische Forschung von sehr hoher Bedeutung war."

Eine psychiatrische Praxis im schweizerischen Solothurn. Margrit Brodbeck, eine Berufsschullehrerin, ist in Behandlung bei Dr. Samuel Widmer. Der Psychiater ist im Besitz einer Ausnahmegenehmigung des schweizerischen Gesundheitsministeriums. In seinen Therapien darf er bewusstseinsverändernde Substanzen wie LSD einsetzen. Brodbeck:

"Eine Zeitlang war das für mich schon fast aussichtslos. Ich hab andere Therapien auch gemacht, und ich hatte immer das Gefühl, das etwas in mir nie angerührt wurde, dass etwas in mir unberührt blieb. Und das hab ich auf diesen Sitzungen mit Medikamenten gekonnt, ich konnte dann gehen."

Nach intensiver, oft jahrelanger Vorbereitung führt der Psychiater Gruppensitzungen durch, bei denen er seinen Patienten eigentlich gesetzlich verbotene Substanzen wie LSD und das ähnlich wirkende MDMA, auch unter dem Namen Ecstasy bekannt (keine Droge hat sich je so schnell so weit verbreitet), verabreicht. Widmer:

"Diese Art der Therapie ist heute praktisch überall auf der ganzen Welt verboten, obwohl die gesetzlichen Möglichkeiten immer noch bestehen. In der Schweiz kann man das im Moment machen, aber nur unter ganz schwierigen Bedingungen, mit komplizierten Bewilligungsverfahren, und man bleibt immer auch irgendwo suspekt. Wer das tut, ist irgendwo eben ein () – das bleibt so: Das hat vor allem politische und geschichtliche Gründe, dass diese Substanzen missbraucht wurden und dann in die Betäubungsmittellisten gesetzt wurden, wo sie eigentlich garnicht hingehören. Es hat aber auch tiefer liegende Gründe, also dass der bewusst seiende Mensch wahrnimmt, dass diese Substanzen sehr tiefschürfende Veränderungen bewirken könnten, und diese Veränderungen machen eben Angst."

Die Anwendung der Drogen LSD und MDMA soll helfen, verdrängte Erlebnisse ins Bewusstsein zu rufen, um diese dann in anschließenden Gesprächen verarbeiten zu können. Unter Widmers Patienten sind alle Bevölkerungsschichten vertreten. Es sind ganz normale Bürger, die ganz normalen Berufen nachgehen. Menschen aus der Schweizer Provinz.
Der Baseler Psychiater Juraj Styk arbeitet seit Anfang der 60er Jahre mit LSD. Nachdem er diese Arbeit wegen des totalen Verbots für lange Zeit unterbrechen musste, kann er seit 1985 wieder legal LSD einsetzen. Dr. med. Styk:

"Die tiefe Erfahrung in einem guten Setting, d.h. in einer therapeutischen Umgebung, die stützend und nährend ist, diese Umgebung ermöglicht dem Patienten ganz tief einzutauchen in seine Ängste und alle konflikthaften Situationen, und das ist eine ganz wichtige Erfahrung für ihn, die wir dann später in weitere Sitzungen mit ihm integrieren. Das ist das Wesentliche an der therapeutischen Nutzung von LSD."

Was sind die Gefahren dabei?

"Die Gefahren bei der LSD-Arbeit sind, wie ich gesagt habe, in einer guten Umgebung kaum vorhanden. LSD kann aber zum Horror werden, wenn man es unter schlechten Umständen, unsorgfältig vorbereitet, mit größten Unsicherheiten, wie der Stoff ist, also in einem illegalen Klima nimmt. Unter therapeutischer Begleitung, wenn der Betreffende gut informiert und motiviert ist und sich in einer guten Grundstimmung befindet, bestehen keine Gefahren. Weder gesundheitliche noch seelische."

Besuch eines ehemaligen Patienten. Udo Kinzel litt unter schweren Depressionen, fühlte sich rastlos und überfordert. Jahrelang unterzog er sich verschiedenen Therapien – ohne Erfolg. Erst die psycholytische Behandlung habe ihm wirklich geholfen:

"Mit den psycholytischen Substanzen geht es schonungslos an das, was wirklich da ist. An die schönen wie auch an die Schattenseiten, die ich an mir kennengelernt hab. Und ich bin durch die Schattenseiten durch, durch die Angst, durch die Verzweiflung, durch das Infragestellen, durch das Leiden vor allen Dingen. Ich hab das Leiden bei mir und auf dieser Welt nicht mehr ertragen, und ich hab, indem ich auch immer wieder durch das Leiden durch bin, fast verzweifelt daran bin, während dieser Erfahrung gelernt, das Leiden auch als Teil dieser Welt einfach zu akzeptieren. Das hat mir mehr Selbstwertgefühl gebracht, hat die Energie in mir anders fließen lassen – das spür ich. Von der Ausgeglichenheit her, weniger körperliche Verspannungen, weniger Kopfweh und andere Sachen. Das ist eine fast unglaublich andere Sache für mich geworden. So gibt's viele Bereiche, die angeschnitten wurden, die schwer erklärbar sind."

Albert Hofmann fühlt sich seinem Sorgenkind noch immer verpflichtet. Er glaubt, dass aus LSD – richtig angewendet – ein Wunderkind hätte werden können. Die emotionalisierte Kontroverse habe zu vielen Missverständnissen geführt. So schreibt er noch immer Vorträge, nimmt Einladungen zu wissenschaftlichen Symposien an, die ihn aus der ganzen Welt erreichen. Er möchte die Missverständnisse klären helfen.
El Escorial – die alte Residenzstadt der spanischen Könige in der Nähe von Madrid. Vor der imposanten Kulisse des Klosterschlosses von Phillip II. sammelt sich Albert Hofmann vor einem Symposium, zu dem ihn die Universität Madrid eingeladen hat. Hier in Spanien ist er bekannter als in seiner Schweizer Heimat. Hier ist das Interesse an seinem Werk besonders groß. Hofmann:

"Ich habe ja versucht zu zeigen, dass LSD in den Rahmen dieser Stoffe gehört, die seit Jahrtausenden in allen Kulturen genommen und gebraucht wurden, aber immer in den Händen einer Priesterschaft, immer im zeremoniellen Rahmen genommen wurden. Und so ist LSD auch gedacht. Auf keinen Fall Massenkonsum. LSD kann im besten Fall in gewissen Fällen dem einzelnen Menschen helfen. Und es ist ein Medikament! Medikamente müssen sie doch nicht immer nehmen. Medikamente nimmt man, wenn man krank ist und wenn man das nötig hat. Ich möchte noch einmal darauf hinweisen: LSD ist ein Medikament. Es ist ein Hilfsmittel. Ich habe noch nie jemandem gesagt, er soll LSD nehmen."

Hoffmann hält das Verbot von Drogen für kontraproduktiv. Die Illegalität begünstige die Mafia, verhindere sachliche Informationen. Darin weiß er sich einig mit seinem Freund, dem Madrider Philosophie-Professor und Drogenforscher Antonio Escohotado:

"Drogen hat es immer gegeben und wird es immer geben. Wir müssen uns nur mit ihnen vertraut machen und sie vernünftig anwenden lernen. Sonst bekommen wir die Probleme, die wir heute damit haben. Gleich hier um die Ecke könnten wir Heroin oder Kokain kaufen. Das wäre einfacher als Valium zu bekommen, denn für Valium müssen wir mit einem Rezept zur Apotheke ... Das ist eine Ironie. Wann immer wir entscheiden eine Droge zu verbieten, führt das nur dazu, dass sie jederzeit und fast überall zu kriegen ist."

War LSD einmal der Inbegriff des Drogenmissbrauchs schlechthin, so sind heute – und das ist die Ironie der Geschichte – längst harte, abhängig machende Gifte wie Heroin und Kokain an seine Stelle getreten. Und der Drogenmissbrauch hat ein Ausmaß angenommen, das man sich in den 60er Jahren nicht hätte träumen lassen.
Warum aber ist die Karriere von LSD auch in der Drogenszene so plötzlich zuende gegangen? Widmer:

"Eines der größten menschlichen Probleme ist, dass der Mensch ein riesiges Bedürfnis hat, unangenehmen Dingen aus dem Weg zu gehen und angenehme Dinge fortzusetzen. Aus dieser Tendenz heraus, denke ich, sind Drogen wie Schlafmittel, die ganzen Psychopharmaka oder eben das Heroin – die helfen, etwas zu verdrängen, einen angenehmen Zustand in sich zu erzeugen, der vielleicht auf lange Sicht dann zwar unangenehme Folgen hat, aber kurzfristig als angenehm erlebt wird – deshalb sind diese Stoffe sehr populär. Stoffe dagegen, die helfen, der unangenehmen Wahrheit ins Auge zu sehen, wie wir wirklich sind, wie unsere Welt wirklich ist, nicht sehr beliebt sind."

Albert Hofmann bedauert die Entwicklung, die die Geschichte von LSD im letzten halben Jahrhundert genommen hat. Für ihn sind Missbrauch und Missverständnisse Schuld daran, dass aus seiner Entdeckung kein heilbringendes Medikament für die Allgemeinheit geworden ist. So ist LSD sein Sorgenkind geblieben.

Albert Hofmann: "Ich bin überzeugt, dass LSD den Platz finden wird, den es in der menschlichen Kultur braucht."

LSD und sein Entdecker pt 1


Albert Hofmann – LSD und sein Entdecker
Ein Film von Basil Gelpke und Valentin Faesch pt 2
Albert Hofmann:

"Oft wurde gesagt, LSD sei eine Zufallsentdeckung – das ist nur teilweise richtig, denn LSD, die Abkürzung für Lysergsäurediethylamid, wurde 1943 planmäßig hergestellt mit der Absicht, ein Kreislaufstimulanz, ein Analeptikum zu gewinnen. Der Zufall kam erst ins Spiel, als ich bei der Synthese unabsichtlich mit der Substanz in Berührung kam und dabei ihre außerordentlichen psychischen Wirkungen entdeckte. Gesucht hatte ich ein Kreislaufstimulanz, gefunden aber ein Psychostimulanz von bisher nie gekannter Wirkung."

Albert Hofmann, der Entdecker von LSD ist promovierter Chemiker, dreifacher Ehrendoktor der Chemie und einer der bedeutendsten Naturstoffchemiker unseres Jahrhunderts.
1943. Der Zweite Weltkrieg hat weite Teile Europas verwüstet. Städte und Fabriken sind zerstört, Menschen auf der Flucht. Die neutrale Schweiz und mit ihr die Grenzstadt Basel bleiben vom Krieg verschont. Albert Hofmann ist Offizier der Schweizer Armee, verbringt die eine Hälfte seiner Zeit im Militärdienst, die andere im Labor. Trotz des Krieges gehen die Forschungsarbeiten weiter. [...]
Am 16. April 1943 gerät Hofmann während der Arbeit unvermittelt in einen merkwürdigen Zustand. Damals schrieb er diesen Bericht an seinen Chef:

"Vergangenen Freitag, dem 16. April, musste ich mitten am Nachmittag meine Arbeit im Laboratorium unterbrechen und mich nach Hause in Pflege begeben, da ich von einer merkwürdigen Unruhe, verbunden mit einem leichten Schwindelgefühl, befallen wurde. Zuhause legte ich mich nieder und versank in einen nicht unangenehmen, rauschartigen Zustand, der sich durch eine äußerst angeregte Phantasie kennzeichnete. Im Dämmerzustand bei geschlossenen Augen – das Tageslicht empfand ich als unangenehm grell – drangen ununterbrochen phantastische Bilder von außerordentlicher Plastizität und mit intensivem kaleidoskopartigen Faltenspiel auf mich ein. Nach etwa zwei Stunden verflüchtigte sich dieser Zustand. Anschließend machte ich mit meiner Frau einen kleinen Spaziergang, wonach ich mich wieder vollkommen frisch und normal fühlte."

In seinen Laboraufzeichnungen äußert Hofmann gleich den Verdacht, dass er während der Arbeit unabsichtlich mit einer Substanz in Berührung gekommen sei: mit Lysergsäurediethylamid – also LSD. Er entschließt sich, der Sache auf den Grund zu gehen.
Hofmann:

"Drei Tage später, am 19. April 1943, machte ich einen Selbstversuch. Ich begann mit der kleinstmöglichen noch aktiven Menge, einem Viertel-Milligramm. Später stellte sich heraus, dass diese Dosis bereits das Fünffache der normal wirksamen Dosis gewesen war. Es begann damit, dass sich die Umgebung veränderte. Alles schien wie belebt. Auch die toten Gegenstände. Ich hatte auch innerlich ein anderes Selbstgefühl, ein anderes Körpergefühl. Die Sinnesempfindungen waren stimuliert, die Farben schienen grell, die Töne intensiv – das ganze Erleben war verändert. Die Sache begann so fremdartig zu werden, dass ich mich entschloss nach Hause zu gehen. Ich bat meine Laborassistentin mich nach Hause zu begleiten. Wir fuhren mit dem Velo dann eine Strecke von etwa sechs Kilometern, und unterwegs hatte ich das Gefühl ... es war eine ganz merkwürdige Störung des Zeiterlebens. Zuhause angelangt, war der Zustand schon so, dass ich vollkommen von der Umwelt und von mir selbst entfremdet war."

Stunden später kommt Hofmann dann wieder langsam aus seiner unheimlich fremdartigen Welt zurück in die vertraute Alltagswirklichkeit. Neu war eine Substanz von derartiger Wirksamkeit. LSD – hier seine Kristallisation – greift in die höchsten Regelzentren des menschlichen Bewusstseins ein. Ein einziges Gramm reicht für 10.000 Trips.
LSD ist ein chemisch nur leicht modifizierter Wirkstoff aus einem auf Roggen und Weizen wuchernden Pilz-Parasiten, dem sogenannten Mutterkorn.
Hofmann:

"Mutterkorn ist das Produkt eines Pilzes, der auf Getreidearten und auch auf Wildgräsern wuchert. Die vom Pilz befallenen Ähren entwickeln dann anstelle der hellen Körner das dunkle Mutterkorn. Mutterkorn wurde schon seit dem Altertum von den Hebammen verwendet, um die Geburt zu beschleunigen und Nachgeburtsblutungen zu stillen. Diese Wirkungen haben natürlich die pharmazeutischen Chemiker dazu veranlasst, die wirksamen Prinzipien zu isolieren und in reiner Form herzustellen, um daraus Medikamente machen zu können."

Vor der Entdeckung von LSD war es Hofmann schon gelungen, aus dem Mutterkorn drei, dem LSD chemisch nah verwandte Medikamente zu entwickeln, die bis heute Standardpräparate geblieben sind. Ein Medikament für die Geburtshilfe, ein kreislauf- und blutdruckstabilisierendes Mittel und ein Geriatrikum. Sie alle werden zu Bestsellern des Konzerns und tragen zum rasanten Wachstum der Firma entscheidend bei. Sandoz erzielt aufgrund von Hofmanns Forschungsarbeit Milliarden-Umsätze.
Während die moderne Medizin dem Mutterkorn wichtige Medikamente verdankt, sorgte der giftige Kornparasit im Mittelalter und vereinzelt noch bis in unser Jahrhundert für Tod und Verderbnis. Mutterkornverseuchtes Mehl wurde zu Brot verarbeitet. Die Folgen waren verheerend. Es kam zu Epidemien, denen Zehntausende von Menschen zum Opfer fielen. Die unerwartete Entdeckung von LSD sorgt nach Ende des Krieges für internationales Aufsehen in der Wissenschaft und macht Hofmann in Fachkreisen weltbekannt.

Paul Herrling – Forschungsleiter Pharma: "Zunächst war es sicher so, dass die Entdeckung der bewusstseinsverändernden Eigenschaften von LSD die Aufmerksamkeit des Forschungsestablishments in Nordamerika und Europa sehr stark auf solche bewusstseinsverändernden Drogen gelenkt hat. Das wäre wahrscheinlich in der südamerikanischen Kultur viel weniger aufsehenerregend gewesen, weil die ja solche Drogen schon seit Jahrhunderten in ihren Ritualen brauchen."

In Mexiko findet bis heute ein Kaktus als sakrale Droge bei den Huichol-Indianern Verwendung. Seine dem LSD sehr ähnlichen halluzinogenen Eigenschaften verdankt der Peyotl-Kaktus einem seiner Inhaltsstoffe, dem Mescalin. Diese rituellen Zeremonien stehen im Mittelpunkt des religiösen Weltbildes dieser Indianer.
Neu ist das Wirkungsbild von LSD also nur für den westlichen Kulturkreis. 1947 wird LSD an der psychiatrischen Universitätsklinik Zürich zum ersten Mal breit auf seine Einsatzmöglichkeiten in der Psychiatrie hin getestet. Die Ergebnisse sind ermutigend. Aufgrund dieser Resultate entschließt sich Sandoz 1949 Forschern und Ärzten LSD unter der Bezeichnung Delysid als Versuchspräparat zur Verfügung zu stellen. Im Begleitprospekt zu Delysid werden folgende Eigenschaften genannt: "Delysid erzeugt vorübergehende Affektstörungen, Halluzinationen, Depersonalisationserscheinungen, Bewusstwerden verdrängter Erlebnisse." Als Indikationen werden genannt: "Zur seelischen Auflockerung bei analytischer Psychotherapie, besonders bei Angst- und Zwangneurosen. Delysid vermittelt dem Arzt im Selbstversuch einen Einblick in die Ideenwelt des Geisteskranken."

Zu Beginn der 50er Jahre beginnt LSD erstmals das Interesse der Medien zu erregen. Vor den Kameras der BBC kommt es zu einem Selbstversuch: Test Subject) "Ich fühle mich gut und gesund wie immer, und ich nehme die Droge jetzt."
Eineinhalb Stunden später: Research Scientist) "Können Sie uns eine besondere Farbe beschreiben?"
TS) "Die Farben da vor uns, diese Farbe – wie soll ich sagen – verdammt, mein Wortschatz reicht nicht aus dafür."
RS) "Sprechen Sie vielleicht von diesem rötlichen Vorhang?"
TS) "Ja, und er hat wirklich verrückte Ornamente. Und das Licht – Entschuldigung, aber ich kann es nicht wirklich beschreiben."
RS) "Sind Sie überrascht, wenn ich diesen Vorhang eher schäbig finde?"
TS) "Entschuldigung, aber ich meinte etwas anderes damit."
RS) "Was meinen Sie in dieser Situation, wessen Urteil halten Sie denn für das richtigere?"
TS) "Jetzt stellen Sie mir eine Alles-Oder-Nichts-Frage. Ob ich aufgrund der Drogenwirkung den Vorhang eher so sehe, wie er wirklich ist, oder ob ich unter der Drogenwirkung Dinge sehe, die nicht so sind – faszinierend. Tja, alles was ich dazu sagen kann, ist, das ist eine Alles-Oder-Nichts-Frage."
Einige Zeit später: TS) "Ich reise jetzt von einer Zeit in eine andere und wieder zurück. Es ist mir nicht genauso bewusst, ich weiß aber, dass ich mich auch im Raum bewege. Aber ich bin mir extrem bewusst, dass ich mich in der Zeit bewege. Die Dinge haben keine Abfolge, und es gibt keine absolute Zeit, keinen absoluten Raum. Das sind nur Formen, die wir auf die Außenwelt projizieren."

Zu dieser Zeit veröffentlicht der weltbekannte britische Schriftsteller Aldous Huxley seine Erfahrungen mit Mescalin und LSD unter dem Titel "Die Pforten der Wahrnehmung. Himmel und Hölle." In diesen Drogen sieht er einen Schlüssel, um neue Welten des Bewusstseins zu erschließen.
Q) "In Ihrem Buch über Mescalin beschreiben Sie die unschätzbare Erfahrung, ausgelöst durch Drogen. Profitieren Schriftsteller von so etwas?"
Huxley) "Am meisten profitieren würden Professoren! Für fast jeden, der glaubt, die Welt genau zu kennen, der fixe Ideen und ein klar festgefügtes Weltbild besitzt. Für den wären diese Drogen sehr gut, um zu erkennen, dass die Welt, die er sich konstruiert hat, in keiner Weise die einzige Welt ist. Dass es außergewöhnliche, völlig andere Welten gibt, die wir – und das ist eine Gnade – erfahren können."
Huxleys Roman Eiland schildert eine utopische Gesellschaft, deren Weltbild von Einweihungsriten bestimmt wird. Dabei kommt ein magischer Pilz zur Anwendung. Es ist Psilocybe, ein Pilz, der wie der Mescalin-Kaktus schon seit Jahrtausenden von mexikanischen Indianern verwendet wird.

Mitte der 50er Jahre entdeckt der Pilzforscher Gordon Wasson, dass diese Zeremonien bis heute im abgelegenen Hochland Südmexikos praktiziert werden. Er bringt die Pilze zur Untersuchung in Albert Hofmanns Labor.
Hofmann:

"Es war ein fast unglaubliches Erlebnis oder ein – wie soll ich sagen – Zufall, dass diese mexikanischen Zauberdrogen zur Untersuchung in mein Laboratorium kamen. Es war das LSD, das diese Stoffe in mein Labor gezogen hat. Als gewisse mexikanische Zauberdrogen – es waren die heiligen Pilze der Teonanacatl, als die Gruppe von amerikanischen Ethnologen Mitte der 50er Jahre entdeckt wurde – wurden diese Pilze (Teonanacatl means the "Body of God" to the indigenous of Oaxaca Mexico, the psilocybin mushroom) wissenschaftlich untersucht. Man war aber nicht in der Lage, die Wirkstoffe zu identifizieren, man kam zu keinem Resultat. Und da hat sich der Botaniker erinnert, dass in Basel eben ein Stoff, LSD, entdeckt und untersucht wurde, der dieselben psychischen Wirkungen hat wie diese mexikanischen Pilze. Und er fragte uns, ob wir interessiert wären, diese Untersuchungen durchzuführen. So kamen die Pilze in mein Laboratorium, und wir waren dann erstaunt: Wir konnten relativ schnell diesen Wirkstoff isolieren und identifizieren, weil wir die Erfahrungen mit LSD hatten. Und dann stellte sich heraus, und das war auch wieder ein großer Zufall, dass sie strukturell-chemisch nah verwandt sind mit LSD."

(Ab 1607 versuchten die Jesuiten und Franziskaner, die Tarahumara zu bekehren. Einer der ersten Jesuiten dort versuchte sie mit Gewalt zu missionieren, worauf sie sich bewaffnet zur Wehr setzten. Man sagt von ihnen, dass sie wahrscheinlich die einzige Gruppe von Indigenas sind, die nie unterworfen wurde und sich nie mit anderen Kulturen vermischt hat. Auch die nordwestlich und nordöstlich lebenden Apachen überfielen ihre Siedlungen ab Mitte des 17. Jahrhunderts und bekämpften sie erbittert. Die Tarahumara stellten daraufhin den Spaniern und Mexikanern in den ständigen Abwehrkämpfen an der Nordgrenze gegen die Apachen stets furchtlose und ausdauernde Kämpfer, die es zudem zu Fuß durchaus mit den laufstarken Apachen-Kriegern aufnehmen konnten.)

Fasziniert von dieser Entdeckung reist Hofmann 1962 selbst nach Mexiko. Auf den Spuren der Azteken, die den Psilocybe-Pilz schon vor Jahrtausenden rituell gebrauchten, reist er mit Gordon Wasson zusammen durch unwegsames Gelände zur Zauberheilerin Maria Sabina, die ihn an einer Pilzzeremonie teilnehmen lässt. Die Indianerin Maria Sabina ist eine Curandera, eine Heilpriesterin. Der Pilz bringt sie in Kontakt mit ihren Göttern, lässt sie in die Zukunft sehen und die Ursachen von Krankheiten erkennen.
Hofmann:

"Weil es nicht die Zeit war, in der die Pilze erhältlich waren, konnte ich ihr von meinem synthetischen Psilocybin in Form von Pillen diesen Stoff verabreichen. Sie war anfangs skeptisch, aber die ganze Zeremonie ist dann zu ihrer vollen Befriedigung verlaufen. Es war sozusagen ein Test an kompetentester Stelle, dass mein synthetisches Psilocybin identisch war mit dem natürlichen Psilocybin, mit dem Inhaltsstoff der Pilze.
[...] Also mit anderen Worten: Es zeigte sich, dass LSD, das man früher eigentlich als Laborprodukt betrachtet hatte, durch eine zufällige Entdeckung in die Gruppe der mexikanischen sakralen Drogen gehört. Was seinen Wirkungsgrad anbelangt wie seine chemische Struktur."

Viele Jahr werden Hofmann und Gordon Wasson untersuchen, ob eine LSD-ähnliche Substanz gewonnen aus dem Mutterkorn im Altertum auch in Europa in einem mystisch-religiösem Rahmen Verwendung fand. Von 1.500 vor bis 300 n.Chr., fast 2.000 Jahre lang, fanden einmal jährlich im griechischen Eleusis Einweihungszeremonien statt. Die geheimnisvollen eleusinischen Mysterien gelten als wichtigster Mysterienkult des Altertums. Hofmann und Wasson kommen zu dem Schluss, bei den Riten in Eleusis fand mit größter Wahrscheinlichkeit eine halluzinogene Droge Verwendung, die aus einem Mutterkorn-Pilz gewonnen wurde.
Hofmann:

"Ich sehe die sinnvolle Anwendung in unserer Gesellschaft sicher vorläufig auf die Anwendung im psychiatrischen Rahmen beschränkt. Wir haben in unserer Gesellschaft nicht die Strukturen, die Einrichtungen, in denen solche Art Psychodrogen sinnvoll frei eingesetzt werden könnten. Wenn man bedenkt, wie in früheren Zeiten solche Stoffe eben in einem ganz besonderen Rahmen eingesetzt wurden – ich denke an die eleusinischen Mysterien, wo ziemlich sicher Psychedelika ("Fantastika") angewendet wurden – solche Institutionen fehlen bei uns."